November 2021
“ In die
Sucht und wieder heraus“
Vor ca. 25
Jahren, in einem Alter von 17, habe ich angefangen den Alkohol
missbräuchlich zu konsumieren. Ich war immer ein sehr aufgedrehtes Kind, das sich sehr schlecht konzentrieren konnte.
Die Diagnose ADHS
stand damals noch in den Kinderschuhen und dadurch ergaben sich
große Schwierigkeiten von Ärzten und Menschen meiner Umgebung,
richtig behandelt zu werden.
Schulischer
Leistungsdruck und Versagen im Alltag, war von frühster Kindheit an,
mein ständiger Begleiter.
Irgendwann, als
ich älter wurde und die ersten Erfahrungen mit Suchtstoffen wie Tabak,
Cannabis und Alkohol machte, ist mir klar geworden, dass es
Stoffgebundene Substanzen gibt, die mir mein Leben damals scheinbar
erleichterten. Ich musste mich endlich nicht mehr mit negativen
Gefühlen, wie Trauer, Wut, Angst und Enttäuschung beschäftigen.
Durch den
regelmäßigen missbräuchlichen Konsum, litt allerdings auch meine erste
Ausbildung, welche ich dann abbrechen musste.
Als ich durch die
Arbeitslosigkeit dann auf einmal mehr Zeit hatte, und in den Tag
hineinlebte, trank ich jeden Tag schon morgens und merkte gar nicht,
dass ich dem Suchtstoff Alkohol verfallen war.
Der
Übergang zum Alkoholiker habe ich nicht wahrgenommen.
Eine zweite
Ausbildung brach ich nach 2 Jahren ebenfalls ab, da ich bedingt durch
den Alkohol immer antriebsloser wurde.
Alkohol bestimmte
mittlerweile meinen kompletten Alltag, meine Familie und Freunde konnten
mich nicht mehr erreichen.
Als ich dann
meine erste eigene Wohnung hatte, weiter arbeitslos und mich immer mehr
hängen lies, trennten sich die Wege meiner Freunde und Familie. Obwohl
sie alles versucht hatten, um mich wieder auf den richtigen Weg zu
bringen.
Die
Sucht war größer, als die Beziehung zu meinen Liebsten.
Der Alkoholkonsum
steigerte sich unglaublich schnell auf 2 Flaschen Wodka am Tag, was ich
mir irgendwann nicht mehr leisten konnte und ich auch noch zum
Beschaffungstäter wurde.
Die oft, auch
dadurch bedingt, kalten Entzüge im Wechsel, haben mich sehr zerstört.
Insgesamt hatte
ich 4 Krampfanfälle und fiel 2-mal ins Alkoholdelir.
Zum Glück, fand
man mich immer rechtzeitig, dass ich mit dem Rettungsdienst ins
Krankenhaus gebracht werden konnte.
Mit 27 Jahren und
zu diesem Zeitpunkt bestimmt 20 Entgiftungen in einer Fachklinik, habe
ich mich für eine Langzeittherapie dort entschieden.
Danach war ich 4
Jahre abstinent und besuchte eine Selbsthilfegruppe, was ich nie wollte.
Irgendwann habe
ich den Gruppenbesuch nicht mehr für nötig gehalten und bin danach
relativ schnell durch alte Angewohnheiten und Stress, welche ich nicht
kompensieren konnte Rückfällig geworden.
Innerhalb von
kurzer Zeit hat sich mein Konsum diesmal auf fast 3 Flaschen Wodka am
Tag gesteigert, und die Wege gingen nun nicht mehr über Entgiftungen,
sondern erst über Intensivstationen.
Meine
Körperlichen Grenzen waren mehr als erreicht und die Ärzte sagten mir,
dass meine Organe und der Organismus soweit geschädigt seien, dass ich an
einem Organversagen versterben, wenn ich nicht sofort die
Reißleine ziehe.
Nach weiteren,
bestimmt 20 Entgiftungen, entschied ich mich für eine zweite
Langzeittherapie in einer Fachklinik und direkt einen Neustart mit
Wohnortwechsel.
Ich bin nahtlos
in eine stationäre Soziotherapie gezogen, wo ich mit mehreren Menschen
gleicher Problematik zusammenwohne.
Diese
Entscheidung war für mich der Schlüssel zum Erfolg.
Das erste Mal im
Leben habe ich gemerkt nicht alleine zu sein und Gefühle nüchtern
auszuhalten.
Therapeuten,
Ärzte und Psychologen, haben mich die letzten Jahre begleitet und mir
neue Wege im Leben aufgezeigt.
Ich habe
ebenfalls wieder gemerkt, dass ich eine Selbsthilfegruppe besuchen
konnte, um den Fokus wieder auf mich und meine Erkrankung zu richten.
In meiner neuen
Heimat, habe ich mich dann dem Kreuzbund angeschlossen.
Die Gruppe gab
mir schnell das Gefühl, hier gut aufgehoben zu sein.
Seit 4 Jahren
gehe ich regelmäßig zum Kreuzbund und merke das die Gespräche unter
Gleichgesinnten das Beste sind, was mir je passieren konnte.
Vom Suchtstoff Abstinent zu sein und zu merken, dass man Gefühle auf eine
andere Art kompensieren kann, hat mir wieder ein soziales Umfeld
geschenkt.
Neue Freunde vom
Kreuzbund und Familie geben mir wieder so viel Kraft, dass ich eine
zufriedene Abstinenz halten kann.
Dafür
möchte ich mich von ganzem Herzen bedanken.
Name, der Redaktion bekannt.
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Im Rahmen unserer Interview-Reihe
"Lebensläufe"
sucht die Redaktion von
www.kreuzbund-oberhausen.de
weiterhin, Abhängige und Angehörige,
die von sich,
vertraulich,
erzählen möchten.
Bitte unter folgender E-Mail Adresse melden
FJSmiegel@kreuzbund-oberhausen.de
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